TfP und wie man einen seriösen Fotografen erkennt

2. Mai 2021

In der Szene der Hobbyfotografen und Hobbymodels läuft bei Aufnahmen von Menschen vieles unter dem Begriff TfP. TfP steht für „Time for Picture“ und bedeutet, dass beide Beteiligten (Fotograf wie Model) ein gemeinsames Interesse haben, nämlich schöne Fotos zu fertigen. Dazu investieren beide (das Model Zeit, Kleidung, Make-up, Fahrtkosten etc., der Fotograf ebenfalls Zeit, fotografische Ausrüstung, Software zum Bearbeiten der Bilder etc.). Bei TfP-Fotos werden dann die jeweiligen Interessen finanziell gegeneinander aufgehoben, das heißt: der Fotograf zahlt dem Model nichts für dessen Modeldienste, das Model zahlt dem Fotografen nichts für dessen fotografischen Dienste. Am Ende haben (je nach Vereinbarung zwischen Model und Fotograf) beide die Rechte an den Bildern, d.h.: beide können diese in Sozialen Netzwerken oder auf privaten Homepages etc. posten.

So weit so gut. Aber wie erkennst Du als weibliches Model (vor allem, wenn Du vielleicht noch nicht so viel Erfahrung im Model-Business hast) einen seriösen bzw. einen unseriösen Fotografen? Es gibt dazu aus meiner Sicht ein paar Kriterien, die ich gerne darstellen möchte. 

 

Der Fotograf lobt mich über Gebühr

Der Fotograf schreibt Dich an und seine Nachricht klingt eher wie die Verabredung zu einem Flirt als zu der Anfrage nach einem Shootingtermin. Du solltest in einem solchen Fall stutzig werden. Vermutlich hat er mehr Interesse an Dir als Frau als an gemeinsamen Bildern. 

 

Der Fotograf hat ungewöhnliche Bildideen 

Wenn Du das Gefühl hast, dass der Fotograf eher seine eigenen Phantasien bedienen möchte, nicht aber das gemeinsame Erstellen schöner Bilder im Blick hat, ist Vorsicht geboten. Dezidierte Nachfragen nach speziellen (womöglich sexuellen) Posen oder Kleidungsstücken gleich zu Beginn einer Kontaktaufnahme lassen in der Regel nichts Gutes erwarten.

 

Der Fotograf belästigt mich

Der Fotograf hat eine Idee, die er toll findet und macht Dir einen Vorschlag für ein Shooting. Du findest diese Idee überhaupt nicht gut und lehnst seinen Vorschlag ab. Fragt er immer wieder nach, ob Du es Dir nicht doch noch mal überlegen willst, so scheint er wenig Respekt vor Deiner Entscheidung zu haben. Nein heißt nein – im Vorfeld eines Shootings ebenso wie während des Shootings. Akzeptiert der Fotograf das nicht, sollte er für Deine fotografischen Planungen keine Rolle mehr spielen.
Das gilt übrigens auch für zwiespältige sexuelle Angebote: jede, wirklich absolut jede Anspielung des Fotografen, die unter die Gürtellinie geht, ist tabu. Ohne wenn und aber. Ein Fotograf, der Dir bereits im ersten Kontakt (womöglich noch in vulgärer Sprache) sagt, dass Deine Brüste der Hammer sind und er sich gut vorstellen könnte, sie mal zu fotografieren, kann es deutlicher als mit diesen Worten nicht machen, worum es ihm in Wirklichkeit geht.

 Der Fotograf gibt sich im Anschreiben keine Mühe 

Mir ist durchaus klar, dass man als Hobbyfotograf nicht zwingend über ein abgeschlossenes Germanistikstudium verfügen muss. Aber: wer sich beim Schreiben überhaupt keine Mühe gibt, der sollte zumindest kritisch hinterfragt werden.

 

Der Fotograf will plötzlich andere Aufnahmen als vereinbart 

Wenn ihr im Vorfeld abgesteckt habt, welche Art von Fotos entstehen sollen und der Fotograf Dich beim Shooting dann fragt, ob Du nicht (entgegen der Absprache) doch ein bisschen die Bluse öffnen möchtest, solltest Du das Shooting abbrechen. Ein Fotograf, der dies tut, hat keinen Respekt vor Deiner Meinung und wird im Zweifel auch nicht seine Zusage halten, die Bilder nur für sich zu behalten.

 

Der Fotograf bittet Dich über Gebühr um Selfies

Die Bitte eines Fotografen, ihm mal ein oder zwei Selfies zu senden, kann durchaus einen seriösen Hintergrund haben. Der Fotograf kann sich so einen Eindruck verschaffen, was ihn erwartet, sieht mit etwas Erfahrung auch, wie ein Model sich selbst darstellt und was man eventuell fotografisch mit speziell diesem Model shooten kann. Auch ich gehe mitunter so vor.

Aber: die Bitte um Übersendung von Selfies kann auch auf mangelnde Seriosität hinweisen. Man sollte hier unterscheiden: hat der Fotograf ein gutes Portfolio, macht er insgesamt einen guten Gesamteindruck? Dann ist gegen die Bitte um Übersendung von Selfies regelmäßig nichts einzuwenden. Ansonsten sollte man seine Bitte kritisch hinterfragen.

 

Der Fotograf fragt nach „privaten“ Aufnahmen

Bereits bei der Frage, ob man auch „private“ Aufnahmen machen könnte, habe ich ein Störgefühl. Zum einen erschließt sich mir nicht recht, was mit „privaten“ Aufnahmen gemeint ist: offensichtlich solche, die aus irgendwelchen Gründen nicht öffentlich gezeigt werden sollen. Hier würde ich hinterfragen, warum der Fotograf so etwas plant, denn eigentlich will jeder seriöse Fotograf seine Bilder zeigen – in welchem Kreis auch immer. Ein nachvollziehbarer Grund, warum ein seriöser Fotograf „private“ Aufnahmen machen will, ist mir nicht ersichtlich. Hinterfrag sein Verhalten also gründlich.

 

Der Fotograf verschiebt immer wieder Termine 

Keine Frage: es kann immer mal passieren, dass einem etwas Dringendes dazwischenkommt, das gilt für Models ebenso wie für Fotografen. In diesem Fall sollte man freundlich auf die Umstände hinweisen und sich zeitnah um einen neuen Termin bemühen.

Verschiebt ein Fotograf aber mehrfach Termine, weil die Oma krank geworden ist oder er eine Autopanne hat oder das Kind vom Kindergarten abgeholt werden muss, dann ist entweder sein Zeitmanagememt katastrophal oder es liegen seine Prioritäten offensichtlich woanders. Seriöses Shooten sieht anders aus.

 

Der Fotograf verfügt über ein suspektes Portfolio und eine suspekte Ausrüstung

Kann der Fotograf keine Bilder vorweisen, wirst Du schlecht feststellen können, ob er wirklich (gut) fotografieren kann. Fakt ist: jeder Fotograf hat zumindest ein paar Bilder auf seinem Rechner, die er als Qualitätsnachweis schicken kann. Ist das nicht der Fall, ist Vorsicht geboten. Das gilt übrigens auch, wenn die Referenzfotos, die der Fotograf Dir schickt, qualitativ miserabel sind.

Ein anderer Warnhinweise sollte sich ergeben, wenn die Referenzaufnahmen des Fotografen von extrem unterschiedlicher Qualität sind. Soll heißen: finden sich bei den Bildern, die er Dir schickt oder auf seiner Instagram- oder Facebook-Seite ausstellt, qualitativ sehr hochwertige Aufnahmen neben extrem schlechten, so ist Vorsicht geboten: das Thema Bilderklau (also: er lädt sich ein Bild eines anderen Fotografen aus dem Netz runter und gibt das Bild als eigene Aufnahme aus) dürfte hier nicht ganz von der Hand zu weisen sein.

Wenn Du die Möglichkeit hast: wirf auch einen Blick auf die Technik, die der Fotograf verwendet. Ich bin zwar durchaus der Auffassung, dass eine hochwertigere Ausrüstung nicht zwingend bessere Bilder macht, aber: ein Fotograf, der was auf sich und seine Kunst hält, wird bei der Wahl seiner technischen Ausstattung gründlich sein, wird mehr als eine Kamera und ein Objektiv besitzen und wird diese Ausstattung auch in einem gepflegten Zustand halten. Mir hat mal ein Model erzählt, dass es sich auf ein Shooting eingelassen zu dem der „Fotograf“ mit seinem iPhone erschien: er besaß noch nicht einmal eine Kamera. Auch so etwas gibt es.

 

Der Fotograf bietet viel Geld oder macht übertriebene Versprechungen

Das ist eine schöne Vorstellung: ich bin ein wenig erfahrenes Model und treffe auf einen Fotografen, der mir für ein Shooting eine ganze Stange Geld bietet und dann auch noch auf seine tollen Kontakte in die Modelszene hinweist und mir verspricht, dass es für ihn kein Problem sein wird, mich auch für größere Aufträge als Model zu vermitteln. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Sorry, aber es ist zu schön um wahr zu sein.

Mit einem Shooting als Model Geld zu verdienen ist zunächst mal nichts Schlechtes. Das, was der Fotograf hier macht, ist allerdings nicht nur unüblich, es sollte dich darüber hinaus darüber nachdenken lassen, warum er das tut. Ist Geld nicht vielleicht nur ein Mittel von ihm, Dich zu etwas Fotografischem zu bewegen, was Du eigentlich gar nicht wolltest? 

Gleiches gilt, wenn der Fotograf Dir andere übertriebene Versprechungen macht. Magazinveröffentlichungen? Kalenderproduktionen? Shootingreisen? Kontakte zu Agenturen für Models? Solche Versprechen sollte man intensiv hinterfragen und nicht leichtfertig auf sie reinfallen. 

 

Der Fotograf weigert sich strikt, eine Begleitperson zuzulassen

Die Frage, ob eine Begleitperson bei einem Shooting zugegen sein kann oder nicht, wird von vielen Fotografen unterschiedlich beantwortet. Um ehrlich zu sein, fotografiere auch ich höchst ungern mit Begleitpersonen – die Gründe dafür sind vielfältig und rechtfertigen einen eigenen Blogpost. Fakt ist: wenn Dir der Fotograf, aus welchen Gründen auch immer, ohnehin schon suspekt ist und Du ein schlechtes Bauchgefühl hast und er dann auch noch strikt die Mitnahme einer Begleitperson ablehnt – dann solltest Du eher zurückhaltend sein mit einer Shooting-Zusage.

  

Soweit ein paar Tips, die Du vor einem ersten Shooting beachten solltest. Höre im Zweifel auf dein Bauchgefühl – wenn dieses Bedenken anmeldet, lass es lieber sein. Es gibt so viele nette, seriöse, gute Fotografen, dass Du es nicht nötig hast, mit einem zwiespältigen Knipser Deine Zeit zu vergeuden.

 

1 Kommentar

  1. Kai Mattern

    Sehr gute Punkte! Leider gibt es immer wieder schwarze Schafe, die meinen TFP sei der Freifahrtsschein für Übergriffigkeit. Gerade jungen Models rate ich IMMER eine Begleitperson anzumelden. Spätestens hier lässt sich aus der Reaktion eine Menge ablesen. Und ja: Wenn die Begleitung anfängt, kreativ in das Shooting einzugreifen, nervt das gewaltig. Oft lässt sich die Begleitperson aber nett einbinden: Achten aufs Haar und Faltenwurf bei Klamotten. ;o)

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert